Eine Sitzbank für alle

5.5.19

Die Stadt Bern hat das Design ihrer rund 3000 Sitzbänke überarbeitet. Ziel war es, die Zugänglichkeit für alle Bevölkerungsgruppen sicherzustellen. Ein partizipativer Prozess lieferte Ideen und legte die Basis für die neue Berner Bank. Nach erfolgreichem Abschluss der Testphase geht die Bank jetzt in Serienproduktion.

Dieter Hunziker, welche Ziele haben Sie mit der neuen Berner Bank verfolgt?

Dieter Hunziker, Stadtgrün Bern: Die Bank sollte - wie jedes gute gestaltete Objekt - Funktion und Form auf einfachste Art zusammenbringen. Sie sollte für alle Altersgruppen gleichermassen nutzbar und für Menschen mit Beeinträchtigungen selbstständig erkennbar sein.

Waren noch weitere Kriterien wichtig?

dh: Für Stadtgrün Bern stand auch die Wirtschaftlichkeit der Wartung im Vordergrund. Wie einfach kann die Bank demontiert, geschliffen und neu gestrichen werden? Wie rasch können Einzelteile gewartet oder im Winter eingelagert werden? Wir hatten bald einen umfangreichen Anforderungskatalog zusammen, den die neue Berner Bank erfüllen musste.

Warum hat die Stadt Bern selbst eine neue Bank entwickelt – gab es auf Herstellerseite keine bereits entwickelten Lösungen?

dh: Uns selbst hat erstaunt, dass die Hersteller gerade in punkto Zugänglichkeit keine genügenden Tests aufzeigen oder garantieren konnten, wie diese erfüllt werden. Entsprechend stösst unsere Bank bereits auch in anderen Städten auf Interesse.

Wie sind Sie bei der Entwicklung vorgegangen?

dh: Gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Alter der Stadt Bern haben wir ein breites Publikum eingeladen, um unsere Lösungsansätze zu testen und mitzudenken. In diesem Prozess setzten wir einen verstellbaren Prototypen ein, der ausprobiert werden konnte. Dabei wurden die Sitzhöhe, der Winkel der Lehne oder die Neigung der Bank getestet. Es muss vieles stimmen: Ist eine Armlehne nötig oder ist diese hinderlich? Wie lässt sich die Bank zuverlässig ertasten und vor welchem Hintergrund lässt sie sich am besten als solche erkennen? Welche Farben passen sowohl in Wohnquartieren als auch im Unesco-Perimeter in der Altstadt? Der Designer Urs Hunziker war in den partizipativen Prozess eingebunden und konnte die Ergebnisse der Treffen in seine Designvorschläge einfliessen lassen.

Welche Vorteile haben Sie aus dem partizipativen Vorgehen ziehen können? 

dh: Für uns war wichtig, dass wir eine technisch und optisch möglichst langfristig funktionierende Lösung erreichen. Indem künftige Nutzerinnen und Nutzer die Gestaltung der Bank mitentwickelt haben, konnten wir Probleme frühzeitig erkennen und die bestmögliche Lösung ausarbeiten. Auch ist die Akzeptanz in der Bevölkerung ein wichtiger Treiber: je vielseitiger der Einbezug der Bernerinnen und Berner, desto einfacher wird die Einführung der Bank für die Stadtverwaltung.

Die neue Sitzbank hat mit 46 cm eine etwas höhere Sitzhöhe als früher
Die neue Sitzbank hat mit 46 cm eine etwas höhere Sitzhöhe als früher

Was zeichnet die Berner Bank aus - insbesondere für Menschen mit Beeinträchtigungen?

dh: Sie hat im Vergleich zu anderen Modellen eine relativ hohe Sitzposition (46 cm), die das Aufstehen erleichtert. Auch die Rückenlehne ist steiler, als man sich das gewohnt ist – das verbessert vor allem für ältere Menschen die Nutzung. Die Metallverbindung unter der Bank verbessert sowohl die Stabilität als auch die Montage und ist gleichzeitig für Menschen mit einer Sehbehinderung für die Orientierung notwendig. Viele weitere, praktische Details sind für die Bevölkerung weniger relevant, vereinfachen aber die Montage und Pflege der Bänke.

Viel diskutiert wurde die Farbe der Bank. Weshalb?

dh: Konsequenterweise müsste die Bank in Signalfarben gestrichen werden, aber dies wäre dem Stadtbild abträglich. Es werden jetzt zwei eher dezente Farbvarianten produziert: eine in einem klassischen Grün und eine zweite Variante mit mehr Blauanteil. Das ist unser Kompromiss zwischen einem einheitlichen Stadtbild, den Vorgaben der Denkmalpflege und der Erkennbarkeit der Bank. 

Was ziehen Sie für ein Fazit?

dh: Das Projekt der neuen Berner Bank zeigt auf, dass eine partizipative Entwicklung zwar in der Planung mehr Koordination erfordert, aber zu sehr überzeugenden und schönen Resultaten führen kann. Die Zusammenarbeit zwischen Stadtgrün Bern, der Bevölkerung und dem Designteam hat zu einem Design geführt, auf das wir alleine nicht gekommen wären.